29.04.2009

Harald Weil: Anmerkungen zum Grundeinkommen

"Eine Idee geht um in den Gemütern, eine Idee, die immer noch manchem, der sich schon länger mit der Dreigliederung befasst, zuweilen wie ein Gespenst vorkommt. Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Dass es bei Rudolf Steiner keinen Hinweis auf ein Grundeinkommen gibt, weder ablehnend noch zustimmend, braucht uns vielleicht nicht allzu sehr zu kümmern, denn selbstverständlich haben sich die Bedingungen seit der ersten Skizzierung der Dreigliederung verändert. Zu kümmern aber hat uns doch: ist die Idee des Grundeinkommens von der ganzen Struktur der Dreigliederung her sinnvoll, wirft die Dreigliederung als heuristisches Instrument ein sinnerhellendes Licht auf das Grundeinkommen, oder ist das bedingungslose Grundeinkommen wenigstens, wie einige seiner Befürworter meinen, ein erster Schritt in eine Neugestaltung des Verhältnisses Arbeit-Kapital, ein erster Schritt zur Loslösung der Arbeit von ihrem aktuellen Warencharakter?"

Harald Weil: Anmerkungen zum Grundeinkommen
Thema Grundeinkommen

2 Kommentare:

Horus hat gesagt…

Es ist sonderbar, mit wieviel Berührungsängsten das Thema Grundeinkommen behandelt wird. Dabei nimmt die Grundeinkommen-Bewegung doch garnicht in Anspruch die Dreigliederung einführen zu wollen.
Pragmatisch könnte aber durchaus gefragt werden, wodurch die Dreigliederung mehr Aussicht auf Gehör, Beachtung und Realsiation erlangt : durch strenges Hochhalten der reinen Lehre, Betonen der Unterschiede und "aseptisches" Distanzhalten - oder durch Sehen und Hervorheben von Gemeinsamkeiten. Wie Rom nicht an einem Tage erbaut wurde, wird auch die Dreiglierung nicht in einem Anlauf sich etablieren - und R. Steiner hat es wohlwissend vermieden, zu sehr ins Konkrete zu gehen, da auch die Dreigliederungsidee sich nur im "zeitgenössischen Kleid" in die Geschichtsbücher begeben wird. Dieses "Kleid" erwächst ihr aus den Bedürfnissen und dem Verständnis, der jeweiligen Zeitgenossen- so gut und so schlecht diese sein mögen. Die Beachtung, die die Gedankengänge des Grundeinkommens finden, ist für mich ein hoffnungsvolles Zeichen, dass eine respektable Zahl von Zeitgenossen sich auf Wahrheiten zu bewegt, wie sie R.Steiner vor 100 Jahren bereits formuliert hat. Wer die Sinnhaftigkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens mit 30 oder 40 Lebensjahren einzusehen vermag, der wird in meinen Augen noch zu Lebzeiten den Horizont der Dreigliederung erahnen, umso mehr, je mehr das Grundeinkommen ehrlich verwirklicht wird und nicht wieder als miese Sparbüchse verkommt.
Wenn mit dem Grundeinkommen der erste Keil in das total verkrustete System des Neoliberalismus und seinem verbetonierten Wirtschaftswachstums-Denken getrieben ist, könnte ertsmalig soviel frische Luft in das gesellschaftliche Klima einströmen, dass tieferliegende Gedanken, wie die Dreigliederung, eine Chance erhalten, gehört zu werden, weil sie WEITER führen !

Anonym hat gesagt…

zu Horus

Also geht es nur um die "Beachtung", die man mit dem Grundeinkommen erzielt, um diese Beachtung, dann auf die Dreigliederung abzulenken? Dann könnte man sich noch anderes ausdenken, was vielleicht noch mehr Beachtung erregen würde. Man bringt den Leuten erst einen falschen Gedanken bei, um ihnen dann den richtigen zu zeigen? - Man würde schon Beachtung finden, wenn man in der Lage wäre, die Dreigliederung kompetent und auf die aktuellen Probleme bezogen darzustellen. Dass es "reine Lehre" geblieben ist, liegt nicht an der Dreigliederung, sondern daran, dass man sie nicht auf die Wirklichkeit anzuwenden versteht. Würde man wirtschaftliche Einrichtungen schaffen, im Sinne der Dreigliederung, würde das allerdings beachtet werden. Man erreicht die Leute nicht mehr mit bloßen Gedanken, also muss man Beispiele schaffen, an denen man etwas lernen kann.