19.03.2015

Neuveröffentlichung: Rudolf Steiner - was ist eine "freie" Schule?

Rudolf Steiner im Wortlaut über die freie Waldorfschule, den diesbezüglichen Begriff der "Selbstverwaltung" und die Idee eines freien Geisteslebens.

Was bedeutet das Wörtchen „frei“ im Namenszug einer „freien“ Waldorfschule? Was genau verstand Rudolf Steiner unter „Selbstverwaltung“? Wie gestalten sich die gegenseitigen Verhältnisse der Kollegen, welche Strukturen bilden sich? Und wie stellt sich eine freie Waldorfschule zu Staat und Wirtschaft? Diese Ausgabe versammelt die Kernaussagen Rudolf Steiners zum Begriff der "Selbstverwaltung" in Bezug auf die Waldorfschule, sorgfältig ausgewählt aus 29 Bänden der Gesamtausgabe. Vorwort und Kommentar von Johannes Mosmann.

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9 Kommentare:

Stefan Oe. hat gesagt…

Guten Tag Johannes,
vielen Dank noch einmal für den sehr hilfreichen Text. Es sind bei mir nun einige Fragen entstanden, die ich hier gerne stellen möchte. Die erste betrifft die sogenannte „Schulpflicht“. Ich habe darüber öfters mit KollegInnen gesprochen und neulich kam es an unserer Schule aufgrund deines Textes zu einer längeren Debatte über das Thema. Ich muss erwähnen, dass ich an einer heilpädagogischen Schule arbeite.

In vereinzelt auftretenden Fällen, in denen die sozialen Verhältnisse zu Hause sehr schwierig sind, erfüllen Kinder alle möglichen psychosozialen Funktionen in der Familie. Für eine Schulbildung – zumal wenn es sich um „Behinderte“ handelt – besteht bei gewissen Eltern kein rechter Sinn. Will heißen: es gibt – wirklich vereinzelt, wie gesagt, aber die Fälle sind vorhanden – Kinder, die man ohne Schulpflicht vermutlich in keiner Schule je sehen würde.

Ich entsinne mich, dass wir hier einmal über das Recht auf Bildung sprachen, welches du durchaus als notwendiges Recht anerkanntest. Ich selber habe gewisse Zweifel am Sinn eines solchen Rechtes – jetzt aus Sicht der Dreigliederung gedacht. Denn es könnte ja nur dann Wirkung haben, wenn man doch wieder auf Rechtsebene definierte, was Bildung ist und was nicht. Dieses Definieren von Bildung durch den Staat soll ja aber gerade überwunden werden. Man müsste also in das kalte Wasser springen, die Bildung, indem man sie freilässt, wirklich den Menschen zu überlassen und damit auch gewisse „Miss“-Bildungen zunächst in Kauf zu nehmen. Mit einem durchzusetzenden „Recht auf Bildung“ würde ja doch wieder mehr oder minder eine Mehrheit in die Bildungs-Impulse einzelner Familien bzw. Individuen hineinoperieren.

Wer hat aber das Recht zu behaupten, das die Bildungsauffassung von Personen, die der Meinung sind, sogenannte Geistigbehinderte müssten nicht lesen und schreiben lernen, sondern sollten im Haushalt der Eltern bleiben und hier das praktische Leben lernen, unRECHTmäßig ist? Es gibt Volksgruppen oder soziale Schichten, in denen solche Meinungen auftreten. Selbstverständlich wird ein solcher Standpunkt oft auch nur vorgeschoben, um eigenen Bequemlichkeiten (man ist arbeitslos und will früh nicht aufstehen, um das Kind fertig zu machen) zu kaschieren. Aber auch Bequemlichkeit – wenn sie sich überhaupt nachweisen ließe - rechtfertigt ja keine staatlichen Sanktionen. Andernfalls müsste man auch ungesundes Mittagessen im häuslichen Rahmen ahnden.

Das mögen Grenzfälle sein, aber gerade an den Grenzfällen zeigt sich ja oft das Prinzipielle. Und ich selbst komme im Gespräch mit den KollegInnen mit dem Gesichtspunkt, dass durch ein freies Bildungsleben doch so unheimlich viel gewonnen würde, nicht durch. Es liegt bei den wenigsten Menschen ein Empfinden dafür vor, wie das Geistesleben derzeit eigentlich energielos am Boden liegt und welche mehr als katastrophalen Kollateralschäden das nach sich zieht. Und die Frage, was mit den Kindern, denen aufgrund problematischer Familiensituationen Bildung ganz oder weitgehende vorenthalten würde, geschehen soll, ist damit ja auch nicht beantwortet. Meine KollegInnen sagen: zum Glück kann der und der wenigstens in die Schule gehen, damit er mal aus dem System zu Hause raus kommt. In der Schule atmet der auf .

Und pädagogisch gesprochen haben sie sogar Recht. Bildungsfreiheit scheint unter diesem Gesichtspunkt immer ein Risiko und wer dafür eintritt, den trifft leicht der Vorwurf, er rechne mit allzu vernünftigen Menschen in der Bevölkerung. Ja, ich weiß, das ist ein sehr billiges Argument für eine allgemeine Entmündigung der Individuen… aber ist es eben leider nicht *nur* falsch…

Johannes Mosmann hat gesagt…

Lieber Stefan,
Ich danke Dir sehr für Deine interessanten Ausführungen. Ich gebe zu, dass es mir mit Steiners Äußerungen zur Schulpflicht ähnlich geht. Ich helfe mir hier (wie in ähnlichen Fällen) so, dass ich im Denken konsequent Steiners Positionen festhalte, und mir dann die praktischen Folgen zu veranschaulichen suche. Es wäre ja auf jeden Fall eine Inkonsequenz, wenn Steiner tatsächlich, so wie Du vermutest, bei einem „Recht“ auf Bildung plötzlich doch eine allgemeine Definition von „Bildung“ vorausgesetzt hätte. Diese Inkonsequenz will ich ihm zunächst nicht unterstellen, zumal ja dieser Punkt, dass über Bildungsfragen nichts rechtsverbindliches definiert werden könne, im Zentrum seiner Überlegungen steht. Also gehe ich zunächst davon aus, dass Steiner den Unterschied zwischen „Schulpflicht“ und „Recht auf Bildung“ gerade darin sieht, dass bei letzterem eben keine Definition von „Bildung“ vorausgesetzt werde muss. Mir geht es wie Dir und Deinen Kollegen: wenn ich mir vorstelle, dass den Eltern ein Vormund vorgesetzt werden soll, sobald sie das Recht des Kindes auf Bildung nicht wahrnehmen, wie Steiner meint, dann setzt das doch voraus, dass allgemein definiert werden kann, was Bildung ist! Genau das tut es aber eben nicht. Gerade der Fall, den Du beschreibst, kann das veranschaulichen: es kann im Einzelfall durchaus sein, dass das Recht des Kindes auf Bildung dadurch wahrgenommen wird, dass es zu Hause bleibt und den Alltag der Eltern mitvollzieht. Es kann in einem anderen Fall sein, dass durch ein solches zu Hause bleiben das Recht des Kindes missachtet wird. Das kommt eben auf das Kind an. Deshalb kann das auch nicht von einer allgemeinen Definition abhängen, wann gegen das Recht des Kindes auf Bildung verstoßen, wann ihm dagegen genüge getan wird. Sondern das muss ein individueller, fachlich kompetenter Mensch entscheiden, der das konkrete Kind, die konkreten Lebensverhältnisse genau kennt. Im Grunde genommen geht es ja hier um die Frage: wer beurteilt, dass gegen das Recht des Kindes verstoßen wird, und wer beurteilt, dass die Eltern nicht „mündig“ sind, und dass ihnen ein Vormund für das Kind vorgesetzt werden kann? Dieses Urteil kann nur aus einem freien Geistesleben kommen. Darauf kommt es Steiner an, dass dieses Urteil eben nicht aus den Mechanismen des Staates generiert wird. Nachdem das Urteil zu Stande gekommen ist, ist es aber ganz im Steinerschen Sinn, dass dann auch der Staat eingreift.

Herzliche Grüße
Johannes

Johannes Mosmann hat gesagt…

Ergänzung: Die Sache liegt hier genau so wie mit Steiners Vorstellungen bezüglich des Richters: der Richter, so Steiner, dürfe in Zukunft nicht dem Staat angehören, sondern müsse sich durch die freie Anerkennung der Menschen tragen. Er sagt: jeder mündig gewordene Mensch muss den Menschen benennen, der einmal über ihn richten soll, wenn er straffällig wird. Steiner glaubt nicht an die Herstellung von „Objektivität“ durch staatlich erzeugte Distanziertheit, und deshalb auch nicht an die Dialektik zwischen Verteidiger und Ankläger. Er glaubt daran, dass Menschen in der Lage sind, einen anderen kennen zu lernen, und gerade dann erst ganz sachlich zu urteilen, inwiefern dieser Mensch gegen Recht verstoßen hat. Objektivität wird nicht durch den Kampf der subjektiven Meinungen, sondern durch die Überwindung des subjektiven Standpunkts erzeugt. In Steiners Weltbild fallen Richter und Rechtsanwalt in eins zusammen. Das ist einerseits schwer vorstellbar, andererseits drängt sich genau dieser Schluss auf, wenn man die heutigen Verhältnisse genauer kennen lernt. Aber in jedem Fall ist es so: die Angst vor einem Wegfallen der staatlichen Zwänge wird Deinen Lehrerkollegen niemand nehmen können. Diese Angst ist eben der Motor des Systems, gerade weil sie berechtigt ist. Leben ist gefährlich, der Irrtum liegt nur darin, dass es, wie Du auch sagst, durch die „Sicherungen“ tatsächlich nicht sicherer, sondern gefährlicher wird - was uns aber auch nicht hilft, da es ja nicht um die faktische Sicherheit, sondern bei all diesen staatlichen Angst-Reaktionen letztendlich nur um die Beruhigung bzw. Ruhigstellung des Gemüts geht.

Herzliche Grüße
Johannes

Stefan Oe. hat gesagt…

Lieber Johannes,
wenn ich dich recht verstehe, so spricht auch Steiner von einem "Recht auf Bildung"? Und er spricht auch davon, dass den Eltern ein Vormund vorzusetzen ist, wenn sie dieses Recht des Kindes verletzen? Ich muss sagen, ich tue mich wirklich schwer mit diesen Stellen, bei denen ich den Eindruck habe, dass sich staatliche Aufgaben und freies Geistesleben doch wieder ineinander verhaken. Denn gerade die Beurteilung, ob einem Kind ernstlich etwas verloren geht, wenn es Zuhause am Herd "lernt", ist ja auch eine sehr weltanschauliche Frage. Man denke einmal an die sehr unterschiedliche Beurteilung des Wertes von Bildung für Mädchen und Frauen in eher traditionalistischen islamischen Kulturen und in unserer. Ja, wo fängt denn da die Rechtsverletzung an und wo ist noch kein Recht verletzt? Und wer bestimmt eigentlich den, der das beurteilt? Die Moslems oder wir?

Steiner stellt sich doch auch im Geistesleben eine Art pyramidale Struktur vor, die nur eben von unten ausgeht oder? Ein Art Bildungsrat, vielleicht, der von unten her (aus dem Geistesleben) besetzt würde und in solchen Fällen von Staatsseite zu konsultieren wäre? Ist es das, was hinter dem vom ihm manchmal gebrauchten Begriff "Kulturrat" steht? Ich gebe zu, dass ich Recherchen zu diesem Ausdruck bisher umschifft habe, weil es mir so gar nicht lag, im Geistesleben nun wieder irgendwelche zentralisierten "Ratsinstitutionen" haben zu müssen. Und zentralisiert müssten sie sein, weil sonst ja mehrer nebeneinanderbestünden, z.B. eben eine muslimische und eine nicht-muslimische. Welche sollte ein Staat dann fragen? Und wie sollen sie besetzt werden? Und wie kann verhindert werden, dass die Freiheit des Geisteslebens flöten geht, weil sich Mehrheitsmeinungen durchsetzen und dann auch das og. Urteil über die mutmaßliche "Rechtsverletzung" der Eltern aus einer ganz bestimmten Meinungs- bzw. Weltanschauungs-Richtung kommt?

Ich versuche gerade auf Eurer Seite zum Begriff "Kulturrat" zu recherchieren. Der Auszug aus der Steiner-CD Erfolgreiche Betriebsräte ohne Kulturrat doch Mißerfolg deutet für mich ja nun in eine ganz andere Richtung als das von mir eben beschriebene Zentralratswesen. In eine, die mir lieber ist, übrigens. Aber so ganz klar ist mir der Begriff nicht.

Da scheint dann doch dein Hinweis mit dem Richter (wir sprachen darüber hier im Blog schonmal) in eine bessere Richtung zu gehen, obwohl ich mir auch noch ganz schwer vorstellen kann, wie das letztlich funktionieren soll (es wäre ja rechtlich bedenklich, wenn ich z.B. meine garantiert nicht unbefangene Ehefrau zum Richter über mich ernennen würde... Naja, aber so ist es wohl auch nicht gemeint. Ich schau mal, ob ich dazu was zu lesen finde...)

Danke auf jeden Fall für deine Antwort & Grüße aus Mannheim,
Stefan

Stefan Oe. hat gesagt…

Lieber Johannes,
das Naheliegende, dass das Steiner-Zitat mit dem "Recht auf Bildung" und dem "Erziehungsvormund" in deinem Buch drinnensteht, kam mir eben erst in den Sinn. Ich habe es jetzt also gefunden.

Wenn ich Steiner so lese, komme ich mir mit meiner Meinung, dass es ein "Recht auf Bildung" eigentlich nicht geben dürfe, plötzlich so ideologisch vor. Er denkt sehr bodenständig.
Herzlichen Gruß nochmal
Stefan

Johannes Mosmann hat gesagt…

Guten Tag Stefan,

Ich finde Deine ursprüngliche Meinung, wonach es ein „Recht auf Bildung“ nicht geben könne, gar nicht blöd. Tatsächlich ist ja dieses „Recht auf Bildung“ heute der Deckmantel für die „Pflicht zur Bildung“ im staatlichen Sinn. Deshalb muss man sehr genau fassen, was mit „Recht auf Bildung“ eigentlich gemeint sein kann. Was ich über Steiners diesbezügliche Auffassung geschrieben habe, ist zunächst nur ein Erklärungsversuch, der mich jedoch noch nicht befriedigt. Ich muss mir mal die Zeit nehmen, das im Einzelnen zu Ende zu denken, und dann mal sehen, ob es für mich „aufgeht“.

Bezüglich des Richters habe ich weiter recherchiert - tatsächlich denkt Steiner sich das so: Lehrer, Künstler usw. sind vom individuellen Urteil des Einzelnen abhängig, wie ich es in der Einleitung zum Buch beschrieben habe. Es bilden sich „geistige Korporationen“, das heisst, ein Bildungswesen, das allein durch die individuelle Anerkennungsverhältnisse definiert ist, nicht durch Gesetze. Zum Richter soll es nun zwar ebenfalls ein individuelles Verhältnis geben - aber nicht ganz so, wie zum Lehrer: der Einzelne bestimmt zwar einerseits für sich den Richter, der im Fall eines Vergehens urteilen soll, aber dieser Richter soll andererseits von der geistigen Korporation gestellt werden. Das heisst, während Lehrer und andere Geistesschaffende ganz frei bestimmt werden können, gibt es bezüglich des Richters eine Vor-Auswahl, insofern dieser Richter nämlich aus dem geistigen Zusammenhang, zum Beispiel aus der Korporation der Lehrer, genommen und für eine gewisse Zeit eben als Richter abgestellt wird. Daraus ergibt sich für mich folgendes Problem: Folglich muss auf demokratischer Ebene zumindest festgesetzt werden, dass nicht jeder Richter sein kann, sondern der Anerkennung der geistigen Korporationen bedarf … Du merkst, wo sich da die Katze in den Schwanz beißen könnte? Wie gesagt, ich bin sicher, dass es sich für mich wie bisher alle vermeintlichen „Widersprüche“ in Steiners Werk noch auflöst - ich wollte Dich aber an meiner derzeitigen Fragestellung teilhaben lassen :-).

Gruß
Johannes

Johannes Mosmann hat gesagt…

Steiner zum Beispiel in GA 23, S.110:

„Es ist möglich, daß die Verwaltung der geistigen Organisation die Richter aufstellt, die aus den verschiedensten geistigen Berufsklassen heraus genommen sein können, und die auch nach Ablauf einer gewissen Zeit wieder in ihre eigenen Berufe zurückkehren. In gewissen Grenzen hat dann jeder Mensch die Möglichkeit, sich die Persönlichkeit unter den Aufgestellten für fünf oder zehn Jahre zu wählen, zu der er so viel Vertrauen hat, daß er in dieser Zeit, wenn es dazu kommt, von ihr die Entscheidung in einem privaten oder strafrechtlichen Fall entgegennehmen will. Im Umkreis des Wohnortes jedes Menschen werden dann immer so viele Richtende sein, daß diese Wahl eine Bedeutung haben wird. Ein Kläger hat sich dann stets an den für einen Angeklagten zuständigen Richter zu wenden. - Man bedenke, was eine solche Einrichtung in den österreichisch-ungarischen Gegenden für eine einschneidende Bedeutung gehabt hätte. In gemischtsprachigen Gegenden hätte der Angehörige einer jeden Nationalität sich einen Richter seines Volkes erwählen können. Wer die österreichischen Verhältnisse kennt, der kann auch wissen, wieviel zum Ausgleich im Leben der Nationalitäten eine solche Einrichtung hätte beitragen können. - Aber außer der Nationalität gibt es weite Lebensgebiete, für deren gesunde Entfaltung eine solche Einrichtung im gedeihlichen Sinne wirken kann. - Für die engere Gesetzeskenntnis werden den in der geschilderten Art bestellten Richtern und Gerichtshöfen Beamte zur Seite stehen, deren Wahl auch von der Verwaltung des geistigen Organismus zu vollziehen ist, die aber nicht selbst zu richten haben. Ebenso werden Appellationsgerichte aus dieser Verwaltung heraus zu bilden sein. Es wird im Wesen desjenigen Lebens liegen, das sich durch die Verwirklichung solcher Voraussetzungen abspielt, daß ein Richter den Lebensgewohnheiten und der Empfindungsart der zu Richtenden nahestehen kann, daß er durch sein außerhalb des Richteramtes - dem er nur eine Zeitlang vorstehen wird - liegendes Leben mit den Lebenskreisen der zu Richtenden vertraut wird. Wie der gesunde soziale Organismus überall in seinen Einrichtungen das soziale Verständnis der an seinem Leben beteiligten Personen heranziehen wird, so auch bei der richterlichen Tätigkeit. Die Urteilsvollstreckung fällt dem Rechtsstaate zu.“

Stefan Oe. hat gesagt…

Lieber Johannes,
auch mir ist nicht wirklich erklärlich, worauf Steiner da hinaus will. Dass die Widersprüche bei ihm im Allgemeinen "vermeintlich" sind, erlebe ich auch so.

Ich stelle fest, dass ich offenbar die tatsächlichen Begriffe des Geisteslebens und Rechtslebens noch nicht erfasst habe. Ich meine jetzt kein abstraktes Begriffe-Fassen, sondern ein Erfassen bei dem man im Denken die Wirklichkeit in der Hand hat. Wenn die Anlage zur Dreigliederung wirklich im sozialen Organismus selbst liegt, wenn es ihm gewissermaßen immanent ist, auf diese Gliederung hinauszulaufen, so hieße dass, dass ich, wenn mir der Versuch ihn zu gliedern allzu künstlich und schwierig gerät, die eigentliche Wirklichkeit der drei sozialen Glieder noch nicht erfasst habe. Denn hätte ich sie erfasst, so müsste sich mir die Gliederung ja gewissermaßen von selbst ergeben.

Alternativ könnte sich natürlich auch Steiner geirrt haben, aber davon gehe ich zunächst nicht aus.

Stefan Oe. hat gesagt…

Ich stelle auch fest, dass mir der Begriff der "geistigen Korporationen" (Kulturräte?) noch nicht so ganz ins Gemüt will. Woraus ergibt sich denn, welche geistige Korporation von der rechtlichen Administration als Korporation anerkannt wird, so dass sie nun Richter stellen darf? Darf das dann jede Schule? Oder nur ein Bund der Schulen? Und die Gemeinschaft der Kaninchenzüchter, darf die sowas auch? Und eine Gruppe von zwei Leuten, die sich geistig gleichgesinnt fühlen, dürfen die auch eine Korporation sein? Mir gliedert sich da leider gerade gar nichts, sondern verschwimmt alles... Nun ja, ich kann mit solchen Unzufriedenheiten leben und fühle mich auch aufgefordert, nochmal die "Kernpunkte" zu lesen.

Viele Grüße Stefan